Wenn man Artikel oder Berichte zu Lissabon liest, geht es meistens um die Klassiker. Eine Fahrt mit der alten, laut ruckelnden und zuckelnden, quietschgelb lackierten Tram Nummer 28. Eine Besichtigung des wuchtig im Meer errichteten Torre de Belem. Beides sehenswert – keine Frage. Aber was viel zu wenig Beachtung bekommt ist genau das, was Lissabon für mich zu einer legendär schönen Stadt macht – die Ess- und Kneipenkultur der Einheimischen.
Viele Touristen machen sich selbst den größten Druck, nämlich quasi eine Checkliste der tollsten Sehenswürdigkeiten abarbeiten zu müssen. Man will, zurück aus dem Urlaub, schließlich etwas vorweisen können. Etwas zu erzählen haben. Stolz seine Schnappschüsse präsentieren können. Das Hotel, etwa das traumhafte The Beautique Hotel Figueira, muss die perfekte Lage in der Altstadt haben, damit so viel Zeit wie möglich eingespart werden kann.
Aber Hand aufs Herz: Urlaube, ins Besondere Städtereisen, leben noch von einer zweiten Seite. Einem Aspekt, der sich nur unheimlich schwer in Bildern festhalten lässt. Die Stimmung vor Ort, mit allen Facetten die dazu gehören. Musik, Gerüche, so vieles mehr… Ist es aber nicht genau das, was einem Urlaub erst die sprichwörtliche Würze verleiht? Der Geschmack, den man noch Monate danach vergeblich zu hause sucht und wehmütig feststellen muss, dass der gleiche Wein oder die gleichen Oliven nur halb so gut sind wie im Schatten auf der kleinen Bank am Hafen?
Aus diesem Grund ist dieser Artikel all dem gewidmet. Den noch lauwarmen, nach Zimt duftenden, Pastel de Nata von Manteigaria. Den unzähligen Gerichten, die im Time Out Market von einheimischen Sterne-Köchen kredenzt werden und all den anderen kleinen, leckeren Schweinereien, die Futter für die Seele sind!
Meine persönlichen 3 “setz dich gefälligst hin, nimm dir Zeit und genieß deinen Urlaub Spots” für Lissabon:
Manteigaria, der Himmel für Süßschnäbel.
Pastel de Nata – der wohl gelungenste Start in den Tag. In der klitzekleinen Manufaktur gibt es sie. Und zwar nur sie. Manteigaria hält sich nicht mit Schnickschnack auf, sondern macht das was sie am besten können – backen! Am kurzen Tresen stehen Bänker neben alten Omas, Schüler neben der Frau von nebenan und mittendrin eine strahlende Touristin. Ich. Der Geschmack ist unvergleichlich und ich fühle mich wie ein Kind an Ostern, das endlich das heiß ersehnte Osternest gefunden hat. Gerade mal 1,-€ verlangt die Dame hinter der Kasse für ihr Törtchen und nickt schon jetzt mit einem wissenden Lächeln, dass es nicht bei diesem 1,-€ bleiben wird. Wie könnte es auch…
Time Out Market, die sinnvollste Idee seit Langem
Sternerestaurants gibt es in Lissabon einige, aber gelingt es einem Urlauber dort auch spontan einen Platz zu bekommen? Ist die Menükarte überhaupt noch mit den Resten der Reisekasse zu stemmen? Gefällt es einem überhaupt in dem oft mondänen Ambiente?
Alle Überlegungen haben sich mit einem Schlag erledigt. Der Time Out Market ist die Antwort! Diese Markthalle ist anders als die übliche Anhäufung von farbenprächtigen Gemüseständen. Lissabons Sterneköche haben sich dazu entschlossen, ihre Kreationen auf simpelstem Weg an den Mann zu bringen. Rund 20 offene Küchen treffen hier aufeinander. In der Mitte stehen meter lange, rustikale Holztafeln, an denen alle Nationalitäten aufeinander treffen und gemeinsam Schlemmen. Keine Stoffservietten, kein Silberbesteck, sondern ehrliche, leckere Gerichte auf qualitativ höchstem Niveau. Das alles gepaart mit der ausgelassenen Stimmung eines Familienfestes mit etlichen Freunden. Gibt es denn eine bessere Art Lissabon hautnah zu erleben? Ich finde nicht!
Tapa Bucho – die beste Adresse für den Start in den Abend
Mit dem Taxi zum Tapa Bucho? Sehr schwierig. Selbst mit der Hilfe von Google Maps und meinem Handy habe ich dem portugiesischen Taxifahrer noch Schweißperlen auf die Stirn gezaubert. Der Grund ist denkbar einfach. Diese Bar ist eine der unzähligen, kleinen Insidertipps im Herzen des Bairro Alto. Tripadvisor sei Dank habe ich davon erfahren. Ähnlich wie im Fluch der Karibik – es findet nur der, der weiß wo sie ist. Aber Spaß beiseite, durchfragen hilft und der Weg lohnt sich! Ein junges Pärchen zaubert in der wohl kleinsten Küche ganz Lissabons so unfassbar leckere Vorspeisen, dass man am liebsten die Karte ein zweites Mal von oben nach unten durchprobieren möchte. Zusätzlich gilt, hier ist kein Platz für Berührungsängste. Maximal 20 Gäste passen in die Bar und machen den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Ich kann zum Abschluss nur so viel sagen:
Schwingt euch ins nächste Flugzeug, werft die Reiseführer ins Eck und lasst euch einfach treiben. Genau das ist es, wofür Städtereisen in Wirklichkeit erfunden wurden…
Bom apetite
Danke an Marion Stoll von Nix-wie-weg.
Lissabon steht noch auf unserer „Europa-Bucket-List“ … wir lesen immer viel darüber, sehen tolle Bilder aber es noch nicht dorthin geschafft. Ich gebe zu, dass die Pastel de Nata-Törtchen mir jedes Mal das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Da ist die kleine Bäckerei ein toller Tipp (vor allem solange sie noch 1 Euro pro Stück kosten) :-)
Wirklich klasse klingt der Time Out Market. Erinnert mich ein wenig an die Markthalle in Rotterdam. :-)
Toll geschrieben. Der Time out Market hört sich echt interessant an. Kommt auf jeden Fall auf unsere Liste…das will ich mir unbedingt ansehen….Danke für den Tipp. Lieben Gruß Sandra