Reiseblog mit Liebe zu Hochzeiten und dem Leben

Warum meine Höflichkeit auch besser Urlaub gemacht hätte

Ich bin ein ziemlich höflicher Mensch. Meistens zumindest. Klar, es gibt mal die ein oder anderen Grummeltage, aber generell kann man es mit mir gut aushalten. Ich bin halt doch ziemlich harmoniebedürftig, daher mache und sage ich oft, was von mir in bestimmten Situationen erwartet wird. So auch im Indien-Urlaub dieses Jahr. Aber da hätte meine Höflichkeit ruhig auch echt mal Urlaub machen sollen…


Ich war von Anfang an etwas skeptisch. Indien. So viele Geschichten, so viele Gerüchte, so viele Vorurteile. Indien liebt man oder man hasst es, hab ich gelesen. Hass ist ein unschönes Wort, also sag ich: entweder man verliebt sich und möchte immer wieder kommen oder eben nicht.
Am meisten Angst hatte ich vor dem Essen. Ich kann und mag nicht so gern „scharfes Essen“. Inzwischen bin ich schon viel besser geworden, was meinen Schärfegrade angeht und in Vietnam, Kambodscha oder Thailand hat mir das asiatische Essen auch immer sehr gut geschmeckt. Aber indisches Essen ist nochmal ne Nummer für sich.

Unsere Reiseapotheke war bei diesem Urlaub auch so groß, wie schon lange nicht mehr. Für Montezumas Spezialrache wurde uns Perenterol empfohlen, für alle Fälle.
Ich wollte es trotzdem nicht darauf anlegen und war beim Essen sehr vorsichtig. Mein Hauptnahrungsmittel in der ersten Woche war Nan und Reis. Natürlich hab ich hier und da mal etwas probiert. Aber die meisten Gerichte waren mir doch einfach zu scharf und irgendwann hatte ich auch einfach keine Lust mehr auf diese Linsen-Dal-„Pampe“.
Wir waren ja bei Bekannten zu Besuch und auch wenn es sich eigentlich in Indien gehört, den Teller aufzuessen, war mir hier meine Gesundheit wichtiger.

In den nächsten Tagen wurde ich auch etwas mutiger und bei der Hausboot-Tour durch die Backwaters in Kerala konnte ich mir das Essen sowieso nicht mehr aussuchen (Da wurde gegessen, was auf den Tisch kommt). Aber trotzdem immer sehr vorsichtig.

Wir konnten es kaum glauben, aber unser Magen-Darm-Trakt blieb ruhig. Fast 3 ganze Wochen lang. Wir haben es auch immer wieder betont: Uns geht es gut, was Besseres kann uns gar nicht passieren. Da war es auch nicht so schlimm, dass wir uns sonst in dem Land mit dem stinkenden Wasser nicht so wirklich wohl fühlten.

Am vorletzten Tag wollten wir uns noch eine Ayurveda-Massage gönnen. Bis jetzt hatten wir diese Wellness-Erfahrung Indiens noch ausgelassen. Der Vermieter unseres Zimmers am Marari Beach war ganz begeistert von dieser lokalen Ayurveda-Klinik und meinte es gäbe kein besseres Programm. Bisher wären alle seine Kunden schwärmend zurückgekommen und wenn wir nicht zufrieden wären, würde er uns das Geld erstatten.

Nach so vielen Vorschuss-Lorbeeren haben wir die Ganzkörper-Ayurveda-Massage gebucht und wurden von einem kleinen Tuktuk (in Indien sagt man Autorikscha) abgeholt.
Über huckelige Wege ging es immer tiefer in den Wald hinein bis wir plötzlich vor einer ziemlich heruntergekommenen Kaschemme zum Stehen kamen.
Vor dem Haus spielten 3 Kinder, von Erwachsenen keine Spur, kein Schild „Ayurveda-Klinik“ oder ähnliches. Aber unser Tuktuk-Fahrer meinte wir sollen doch schon mal reingehen.

Gesagt, getan und dann standen wir in einer Art Wohnzimmer mit durchgesessenen Sofas und 3 Holzstühlen. Auf 2 dieser Stühle konnte man sogar noch sitzen.
Kurze Zeit später kam der Opa des Hauses und fragte nur „Massage?“ und wir nickten, unser Vermieter hatte ja schon alles organisiert.

Ich wurde dann von 2 Damen abgeholt und in das Massagezimmer gebracht. Hier musste ich mich ausziehen (komplett) und wurde dann auf eine altertümliche Liege mit Ledereinsatz befördert.
Eigentlich habe ich nichts gegen traditionelle Massagegeräte, es ist ja auch eine sehr alte Tradition: die Ayurveda-Massage. Aber diese Liege stand hier seit gefühlten 50 Jahren und hatte auch noch das Massage- Öl dieser Zeit auf sich.
Es war total glitschig und ich hatte schon vor meiner eigenen Massage das Gefühl herunterzufallen.
Da lag ich nun also, ohne Klamotten, im Öl und Schweiß anderer Menschen… und war total angeekelt.
Aber habe ich was gesagt? Nein. Meine Höflichkeit hat sich durchgesetzt. Ich hab mir eingeredet: die Massage macht dieses Gefühl bestimmt wieder wett.
Und dann kam mein Massage-Öl: Kokosöl. Bis zu diesem Tag mochte ich Kokosöl, ich habe mich gerne damit eingecremt, ich konnte es gut riechen und ich mochte auch das Essen, was in Kokosöl zubereitet wurde.
Das Öl wurde immer mehr und ich wurde zu einem einzigen glitschigen Ölklumpen.
Meine Massage war 4-händig, aber die beiden Damen hatten etwas kaputte Hände und so waren die Bewegungen leider nicht angenehm, sondern taten mir weh. Kennt ihr das, wenn ihr so ne kleine Macke am Finger habt und dann cremt ihr euch ein? Das ist nicht wirklich schlimm, aber bei der Ayurveda-Massage werden dieselben Bewegungen immer und immer wieder ausgeführt. Also kratzten 4 Hände in gleichmäßigen Bewegungen auf meinem Körper.
Ich fühlte mich elend.
Ich war total angespannt – vom Relaxen keine Spur.
Aber ich habe alles über mich ergehen lassen. Doofe doofe Höflichkeit. Es war mit die schlimmste Stunde im gesamten Urlaub.
Am Ende wurde ich mit dem Stinke-Wasser abgeduscht, aber das Öl war sehr hartnäckig. Seit diesem Tag mag ich kein Kokosöl mehr. Ich kann es nicht mehr riechen.

Wieder auf dem Zimmer habe ich mich so sehr geärgert, diese Massage nicht abgebrochen zu haben. Ich habe mir geschworen, dass meine Höflichkeit manchmal auch Urlaub machen sollte, vor allem wenn es mir selbst dabei nicht gut geht, wenn ich höflich bin.

Noch in derselben Nacht bin ich übrigens richtig krank geworden. Montezuma wie er im Buche steht. Ob das jetzt nur am Essen lag???

Habt ihr auch schon mal aus Höflichkeit Sachen ertragen, die ihr besser gelassen hättet?

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2 Kommentare

  1. Marie

    Manchmal muss man einfach auf den Tisch hauen. Zumal man sonst auch noch schamlos ausgenutzt wird.
    Habt ihr denn eurem Vermieter gesagt, dass es doof war? Schließlich hat er gesagt, dass er euch das Geld erstattet :)
    Und vllt waren alle vor euch einfach nur freundliche, auch zu dem Vermieter und fanden es eigentlich genau so doof wie ihr.
    Einer muss immer der erste Buhmann sein.

    Lieben Gruß ♥

    • Annika

      Liebe Marie,
      danke für deinen Kommentar und sorry, dass ich jetzt erst antworte. Wir haben es dem Vermieter gesagt, aber er hat uns das nicht so ganz geglaubt. Das Geld wollten wir nicht zurück, aber das ich es nicht toll fand musste auch einfach mal gesagt werden.
      LG Annika

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